Veröffentlicht am: 14.08.2023 um 14:25 Uhr:
Bundesregierung: Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zur Verleihung des Philipp-Franz-von-Siebold-Preises an Professor Fumio Inagaki
» Hätte mir vor ein paar Wochen jemand erzählt, dass zweieinhalb Kilometer unter dem Meeresgrund noch mikrobielles Leben existiert, hätte ich vermutlich ungläubig – aber immerhin mit großem Interesse –gestaunt. Heute weiß ich dank Ihnen, lieber Herr Professor Inagaki: Diese Mikroben existieren, und sie entstammen einem etwa 20 Millionen Jahre alten Wald-Boden-Ökosystem. Das waren Ihre Erkenntnisse einer Expedition im Jahr 2012, die Sie gemeinsam mit Professor Hinrichs leiteten. 2016 haben Sie eine weitere – nicht nur für Laien der Tiefseeforschung wie mich – ebenso faszinierende Entdeckung gemacht, auch diese in Kooperation mit dem Hinrichs-Labor: Dass Mikroben im Meeresunterboden sogar bei unglaublichen 120 Grad Celsius überleben können.
Ihre Forschung, lieber Herr Professor Inagaki, ist nicht nur für die Biosphäre der Tiefsee bedeutend, sondern auch für unser gesamtes globales Ökosystem – insbesondere Ihre Erkenntnisse zur CO2-Speicherung im Meeresunterboden. Die Welt braucht Wissenschaftler wie Sie, um im Kampf gegen den Klimawandel erfolgreich zu sein.
Ein Blick auf die bisher 44 Preisträgerinnen und Preisträger des Philipp-Franz-von-Siebold-Preises zeigt, wie lebendig, vielschichtig und vielfältig die japanisch-deutsche Freundschaft und Zusammenarbeit auch in der Wissenschaft ist. Das durfte ich auch im vergangenen Jahr unter anderem an der Doshisha-Universität von Kyoto erleben, als ich – wieder einmal – in Japan zu Gast sein durfte. Und ich denke an diese Freundschaft, an diese Zusammenarbeit in jedem Frühjahr, wenn hier im Schlosspark der Kirschbaum so herrlich erblüht, den der heutige Kaiser vor ziemlich genau zwölf Jahren gepflanzt hat.
Vor Ihnen liegen nun mehrere Forschungsaufenthalte hier in Deutschland, und ich ahne schon, wie leidenschaftlich und engagiert die Zusammenarbeit mit Professor Hinrichs und seinem Team sein wird. Was Bremen angeht, sind Sie ja so etwas wie ein Wiederholungstäter: Mit einem Humboldt-Forschungsstipendium arbeiteten Sie dort bereits von 2005 bis 2006, und ich wünsche Ihnen, dass Sie an die Netzwerke und Freundschaften von damals anknüpfen können, und natürlich wünsche ich Ihnen auch, dass sich Ihre Familie in Bremen wohlfühlen wird – Sie, liebe Frau Inagaki, und Ihre drei Kinder.
Und noch mehr hoffe ich, dass Sie der japanisch-deutschen Freundschaft verbunden bleiben, dass Sie sich alle für das gegenseitige bessere Verständnis der Kulturen und Gesellschaften Japans und Deutschlands einsetzen, wie es so schön in der Urkunde des Philipp-Franz-von-Siebold-Preises heißt.
Diese darf ich Ihnen, lieber Herr Professor Inagaki, nun überreichen. Herzlichen Glückwunsch! «
Quelle: Bulletin 76-1 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 30. Juni 2023